Vor ein paar Tagen haben wir auf eBay zugeschlagen. 3, 2, 1 – meins. Das Ding gehört uns. Die Konkurrenz sauber ausgedribbelt, abgekocht, wie Luca Toni in seinen besten Palermo-Zeiten. Es ist nichts weniger als ein Schaustück für die Vitrine, ein echtes Unikat. Für so etwas stehen andere Leute gerne Stunden in der Kälte, dick eingepackt, mit blauen Nasen und kalten Füßen. Außer natürlich, man hat die richtigen Connections. Aber der Reihe nach. 

Der Beginn einer unerwarteten Reise

Ich erinnere mich, als wäre es gestern gewesen. Salvo und ich arbeiteten gerade an einem Artikel über deutsche Spieler beim FC Palermo. Ein super Thema, perfekter Pasta-Rosanero-Stoff. Und dann der Hammer: Von den gerade mal drei Deutschen, die jemals das legendäre Palermo-Trikot trugen, war einer ein Saarländer. Ein Saarländer! Wir flippten aus wie zwei Kinder, die an Weihnachten gleichzeitig das gleiche Geschenk auspacken. Unsere WhatsApp-Leitung lief heiß und wir konnten es nicht glauben. Erst vor wenigen Monaten hatten wir unseren Rosanero-Blog gestartet, und jetzt lag plötzlich dieses Schmuckstück auf dem Silbertablett. Ach was, das Ding war aus purem Gold!

Wenige Stunden später rief mich Salvo an, völlig außer sich, irgendwo auf der Autobahn. „Ich bin da an was dran“, sagte er. „Das wird dich umhauen.“ Seine Stimme war voller Aufregung. Er war auf dem Weg zu seinem Elternhaus, in der festen Überzeugung, dort im Dachboden einen verstaubten Schatz zu finden. Und genau so kam es. 

Die Entdeckung einer besonderen Kindheitserinnerung

Noch am selben Abend saßen wir zusammen, und Salvo stellte mir eine alte AC-Mailand-Blechdose vor die Nase. „Sieh nach, ob sie drinnen ist“, sagte er. Ich hob den Deckel, und da lagen sie: fein säuberlich gestapelt, genau an der Stelle, wo sich einst ein leckerer Mini-Panettone befand. Es waren die vermutlich legendärsten 90er-Jahre-Panini-Karten, die ich je mit eigenen Augen gesehen habe. Del Piero, Pirlo, Maldini – eine Zeitreise in eine wundervolle Kindheit. Und dann war sie da plötzlich: die eine Karte. Marco Dittgen. Dynamo Dresden, Saison 1994/95. Ich hielt sie in meinen Händen. Ein Moment, den ich vermutlich nicht so schnell vergessen werde. Wie viele Menschen können schon von sich behaupten, auf einer Panini-Sammelkarte abgedruckt zu sein? Und hätte Salvo damals, mit zarten zehn Jahren, je gedacht, dass ausgerechnet dieses Exemplar ihm Jahrzehnte später noch einmal so einen Moment bescheren würde? Niemals. Aber da waren wir nun, Ende dreißig, saßen zusammen und freuten uns einen ab.

Von da an überschlugen sich die Ereignisse. Plötzlich wussten wir alles über die Karriere eines Mannes, der vorher eher ein Schattendasein in unseren Sammlungen geführt hatte. Man könnte mit Fug und Recht behaupten, es bestimmte eine Weile unseren Alltag. Und als wir dann noch herausfanden, dass sein 50. Geburtstag kurz vor der Tür stand, war klar: Wir müssen ihn kontaktieren. Aber wie? Und vor allem: Was würde er denken? Zwei Idioten aus dem Saarland, die sich auf den FC Palermo eingeschossen haben und ausgerechnet darüber nun mit ihm reden wollen? „Warum sollte ich das tun?“, würde er sich wohl (völlig zurecht) fragen. 

Der naive Plan: Püttlingen statt Palermo

Uns aber war das egal. Wir spannen unsere Träume weiter. Eine coole Location fürs Interview? Vielleicht eine Eisdiele in Püttlingen? Ein entspannter und vor allem lustiger Plausch bei Espresso und Granita? Der Sommer, die Sonne, das Ambiente – alles passte in unserer Vorstellung perfekt zusammen. Der Fragenkatalog war im Handumdrehen zusammengestellt, sorgfältig, präzise. Und selbstverständlich sollte Salvos Panini-Karte unterschrieben werden, komme was wolle. Es hätte unser größter Wurf in unserer jungen Blog-Karriere werden können: ein Interview mit einem ehemaligen Spieler der Rosanero, und das, ohne auch nur einmal nach Sizilien zu fliegen. Püttlingen, nur wenige Autominuten von uns entfernt, reichte völlig aus. 

Der erste Schritt war geschafft: eine Interview-Anfrage, verpackt in einen Satire-Artikel zu seinem 50. Geburtstag (was für ein Recherche-Meisterstück, Salvo!). Eine super Idee, dachten wir. Ein Selbstläufer. Die Klickzahlen? Da reiben wir uns noch immer die Augen. Doch es blieb still. Viel zu still.

„Ist doch normal“, redeten wir uns ein. Ein ehemaliger Fußballprofi, der seinen runden Geburtstag feiert, hat Wichtigeres zu tun, als sich mit zwei Deppen aus dem Internet zu treffen. Vermutlich trifft er sich gerade inkognito mit anderen Fußball-Größen wie Stefan Kuntz oder Mike Frantz in Saarbrücken am St. Johanner Markt auf ein köstlich kühles Karlsberg Urpils (vom Fass). Wie sollen wir da bitte mithalten?

Trotzdem hielten wir an unserem Plan fest, versuchten alles. Wir kontaktierten alte Vereine, aktivierten unsere privaten Kontakte, posteten eine peinliche Insta-Story nach der anderen – kein Strohhalm war vor uns sicher.

Der unerfüllte Traum und der eBay-Trost

Doch es sollte nicht sein. 128 Tage (bzw. 2,45 Hundejahre) später müssen wir uns eingestehen: Es wird nichts. Wir wollten zu schnell zu viel. Salvos Panini-Sammelkarte wird keine Edding-Striche eines ehemaligen Rosanero-Spielers tragen. Wir werden nicht mit Marco Dittgen in irgendeiner Eisdiele sitzen, und das Espresso-Granita-Foto wird es nie geben. Der Fragebogen? Wandert in die Schublade. Der größte Fang unserer jungen Geschichte ist uns vom Haken gegangen – wenn er denn überhaupt jemals am Haken war. Marco Dittgen lebt sein Leben weiter, ungestört, so wie es sein sollte.

Und was hat das Ganze jetzt mit eBay zu tun? Ach ja, als kleines Trostpflaster haben wir uns eine Autogrammkarte von Marco Dittgen erstanden. Saison 1994/95, mit Dynamo-Dresden-Trikot. Zwar nicht aus dem Panini-Shop, aber trotzdem etwas Besonderes: Diese Karte wird in unserer Sammlung einen Ehrenplatz einnehmen. Es ist ein Weihnachtsgeschenk an uns selbst – auch, um zu heilen.

Auch wenn dieses Kapitel nicht das Ende hatte, das wir uns erhofft hatten, so hat es uns dennoch unglaublich viel Freude bereitet. Genau solche Geschichten treiben uns bei Pasta Rosanero an. Und wer weiß, vielleicht gibt es irgendwann, irgendwo doch noch eine Fortsetzung. Nun warten aber erst einmal neue rosanerofarbene Abenteuer auf uns, die es zu entdecken gilt. In diesem Sinne wünschen wir euch allen (und vor allem dir, lieber Marco) ein frohes Weihnachtsfest, erholsame Feiertage und einen großartigen Start ins neue Jahr! Buon Natale e felice anno nuovo!

Und verzeiht uns, falls uns hin und wieder doch noch ein Gedanke in diese Richtung entwischt – manche Dinge lassen einen einfach nicht so leicht los.