Es bleibt dabei: Der FC Palermo verweilt noch mindestens eine weitere Saison in der Serie B. Die Konkurrenz aus Parma, Como, Venedig und Co. erwies sich als zu mächtig. Wir nutzen die Sommerpause, um ein Resümee zu ziehen und nach vorne zu blicken.
„Palermo wird bald in der Serie A sein“, schrieb die Gazzetta dello Sport im vergangenen Jahr und zitierte damit Chaldun al-Mubarak, Präsident der City Football Group, als er über die Ziele für den FC Palermo sprach. Es sei unvermeidlich, dass die Mannschaft wachse, und daher berechtigt zu erwarten, dass die Rosanero sehr bald die Serie A erreichen werden. Die Verpflichtungen von Pietro Ceccaroni (Venedig), Roberto Insigne (Frosinone), Fabio Lucioni (Lecce), Leonardo Mancuso (Monza) und Aljosa Vasic (Padova) unterstrichen diese Ambitionen ebenso wie der langfristige Vertrag mit dem deutschen Ausrüster Puma, der dem Club einen zusätzlichen Schub bei der Internationalisierung seiner Identität geben sollte.
Aus sehr bald wurde sofort
Betrachtet man diese Zeilen nach der Saison 2023/24 ganz nüchtern, so kann man eines klar festhalten: Die Rosanero befinden sich auf dem richtigen Kurs – auch wenn einige Fans das vermutlich anders sehen. Der FC Palermo, der vor zwei Jahren noch in der Serie C spielte, hat es in dieser Saison bis ins Halbfinale der Playoffs geschafft. Am neunten Spieltag standen die Rosanero sogar auf dem ersten Tabellenplatz – wenn auch nur für kurze Zeit. Selbst am 25. Spieltag, also zum letzten Drittel der Saison, belegte das Team von Eugenio Corini noch Platz drei. Die Duelle gegen die direkten Aufsteiger aus Parma und Como wurden entweder deutlich gewonnen oder endeten unentschieden. Gar nicht mal so übel – sollte man meinen.
Der Aufstieg fühlte sich rasch wie das Mindestziel an – ähnlich wie die Deutsche Meisterschaft für den FC Bayern München.
Doch das reichte nicht. Man spürte relativ schnell, dass die Erwartungen über die Worte von al-Mubarak hinausgingen. Das sehr bald wurde von vielen offensichtlich als sofort interpretiert, und der Aufstieg fühlte sich rasch wie das Mindestziel an – ähnlich wie die Deutsche Meisterschaft für den FC Bayern München. Vereinzelt war in den Medien sogar von einem Großangriff auf die Serie A die Rede. Zeilen, die sich schnell verselbständigten und häufig dazu führten, dass den angestoßenen Entwicklungen nicht die erforderliche Geduld entgegengebracht wurde.

Zu oft gaben wir Spiele aus der Hand, selbst wenn wir in Führung lagen.
Und auch wir von Pasta Rosanero wollen ehrlich sein. Es gab Momente, in denen auch wir zu viel erwarteten. Momente, in denen wir glaubten, wir wären eine Art Manchester City 2.0 und der Aufstieg wäre aus irgendeinem Grund sicher. Aber in einem Wettbewerb mit 19 anderen Teams funktioniert das so nun mal nicht.
Wir müssen anerkennen, dass die Aufsteiger Parma, Como und Venedig sich ihre Plätze redlich verdient haben. Sie zeigten jene Konstanz, die uns (noch) fehlte. Zu oft gaben wir Spiele aus der Hand, selbst wenn wir in Führung lagen. Aber war es gerechtfertigt, deshalb unseren geschätzten Trainer, Mister Eugenio Corini, kurz vor Saisonschluss durch Michele Mignani zu ersetzen? Den Mann, der in den darauf folgenden Spielen den sechsten Tabellenplatz nicht mehr verlassen sollte? Darüber lässt sich trefflich streiten, vor allem dann, wenn die von Corini initiierten Veränderungen in Zukunft ihre volle Wirkung entfalten – Stichwort fußballerisches Erbe.
Starke Konkurrenz kombiniert mit kritischen Fans
Fakt ist: Wir waren noch nicht bereit für den Sprung ins Oberhaus. Wir haben einen guten sechsten Platz belegt. Die Favoriten waren zu stark, das Mittelfeld zu bissig. Verletzungen plagten uns wie viele andere Teams – auch wenn man hier und da nicht so genau wusste, um welche Verletzungen es sich handelte. Wir waren noch nicht die eingespielte Maschine, die ihre Gegner schwindelig spielt. Die Folge: Die App des FC Palermo zeigte unterm Strich zu viele Push-Benachrichtigungen zugunsten unserer Gegner an.
Zugleich wurde der Ton einiger Fans immer schärfer, was sich mitunter durch sehr unterirdische Kommentare, auch im Chat der App, bemerkbar machte. Dies gipfelte unter anderem in einer Corini-Out-Fraktion, die keine Niederlagen zu dulden schien. Offenbar war das unpassend für einen Club, der ihrer Ansicht nach in die Serie A gehört.
Salvo und ich diskutierten parallel dazu unermüdlich über die Zukunft. Was wird als nächstes passieren? Welche Begegnungen stehen noch bevor? Wie viele Punkte brauchen wir noch? Ist die Kritik an Corini, unserer Mittelfeld-Ikone, berechtigt? Was denkt Scheich Mansour über all das? Und – kleiner Scherz am Rande – wann, verdammt noch mal, wird Miroslav Klose kommen und uns erlösen?
Wir philosophierten über potenzielle Neuzugänge à la Mike Frantz und spekulierten zugleich über mögliche Abgänge.
Und so spielten wir ein Szenario nach dem anderen durch. An guten Tagen planten auch wir bereits unsere ersten Stadionbesuche in der Serie A und kalkulierten bei Google Maps die Routen zu den Heimstätten von Como oder Genua. Ferner hofften wir, im Falle eines Aufstiegs endlich die Spiele der Rosanero von Deutschland aus auf dem Fernsehbildschirm verfolgen zu können, anstatt sie nur im Radio zu hören. Wir philosophierten über potenzielle Neuzugänge à la Mike Frantz und spekulierten zugleich über mögliche Abgänge. Dabei war natürlich auch das Stadio Renzo Barbera Teil unserer Gedanken. Würde es im Falle eines Aufstiegs seinen unvergleichlichen Charme behalten? Käme für den Verein eine Abdichtung des undichten Tribünendachs im Block D01 in Frage? All das wird sich bestenfalls noch zeigen.

Krone richten und weitermachen
Sicher ist zunächst nur eines: Der FC Palermo wird noch mindestens eine weitere Spielzeit in der Serie B verbringen – und das ist alles andere als eine Schande. Uns muss allerdings klar sein, dass es in der kommenden Saison nicht unbedingt leichter werden dürfte, und die Erwartungen in Sachen Aufstieg nicht weniger werden. Schließlich zählen wir als der sogenannte Scheich-Club erneut zu den absoluten Top-Favoriten. Auch werden viele der angestoßenen Veränderungen erst langfristig ihre volle Wirkung entfalten, denn nicht alles, was bei Man City und Co. funktioniert, ist auch auf Sizilien eins zu eins umsetzbar. Die Dynamiken sind einfach zu unterschiedlich.
Von Vorteil dürfte sein, dass Parma und Como erst mal Geschichte sind. Zudem fällt mit Venedig ein weiterer starker Konkurrent weg, der uns in der Vergangenheit schon viel zu oft geärgert hat. Und auch die Serie-A-Absteiger Frosinone, Sassuolo und Salernitana werden sich schnell daran erinnern, dass die Serie B kein Selbstläufer ist. Unsere Chancen sind demnach also grundsätzlich vielversprechend.
Lasst uns den FC Palermo daher wie eine gute Aktie betrachten, die langsam, aber gesund wächst.
Wir von Pasta Rosanero sind jedenfalls bereit, weiterhin über all das zu berichten, was kommen wird – seit neuestem übrigens auch auf unserem Instagram-Kanal. Wir haben unseren Frieden mit der Saison 2023/24 gemacht, auch wenn das viel dramatischer klingt, als es in Wahrheit ist. Wir hatten eine sehr schöne Zeit. Unser Blog ist an den Start gegangen und auch wir mussten erst einmal warm werden. Die Reise der Rosanero wird weitergehen – ebenso wie unsere. Denn was nützt es, überschnell durch die Decke zu gehen, nur um dann gleich wieder abzusteigen, so wie es gerade Frosinone widerfahren ist?
Stärke kommt schrittweise. Lasst uns den FC Palermo daher wie eine gute Aktie betrachten, die langsam, aber gesund wächst. 2022: Aufstieg in die Serie B. 2023: Knapp die Playoffs verpasst. 2024: Eine solide Leistung in den Playoffs. Und 2025? Das werden wir sehen. Mit Alessio Dionisi wurde gerade der Nachfolger von Michele Mignani auf der Trainerbank präsentiert, ebenso wie der neue Sportdirektor Morgan De Sanctis. Sicher werden noch einige weitere Veränderungen folgen. Wir für unseren Teil schauen jedenfalls gespannt in die Zukunft. Schreibt uns gerne, was ihr dazu denkt.
PS: Ein besonderer Dank geht raus an Andrea Melia aus Palermo, der uns für diesen Artikel mit ein paar selbstgemachten Fotos unterstützt hat.