Erlaubt mir diesen Artikel mit etwas Polemik zu beginnen.
Wenn man sich die Embleme der Fußballclubs ansieht, wirkt es oft so, als hätte die Kreativität Pause gemacht.
Neulich bereitete mir die Frage schmerzliches Kopfzerbrechen, was die beiden Löwen im Wappen des neuen amtierenden deutschen Meisters Bayer Leverkusen zu suchen haben? Vielleicht steckt dahinter bewusst das Kalkül, den Aspirinkonsum zu erhöhen.
Oder was hat es mit den Three Lions im Wappen des englischen Fußballverbands auf sich? Wenn überhaupt, kann man Löwen in England im Zoo aufsuchen gehen. Da hätte die Darstellung eines englischen Bullteriers auf dem Wappen authentischer erschienen.

Die immer gleichen, majestätischen Raubtiere sollen wohl Stärke und Überlegenheit symbolisieren, doch oft scheint der Zusammenhang eher fragwürdig. Es ist schon amüsant zu beobachten, wie einige Vereine ihre Wappentiere wählen. Manchmal könnte man sogar meinen, sie hätten sich bei Pokémon bedient. Auf den Emblemen prangen plötzlich Wesen, die eher an Pikachu und Co. erinnern.

Eine neue Stufe der Dekadenz des Weltfußballs spiegelt sich im Wappen des RB Leipzig wider. Anstatt ein Emblem mit einer echten symbolischen Verbindung zur tollen Stadt oder dem Verein zu wählen, hat sich der Investor aus Gründen der Marktfähigkeit für zwei rote Ochsen entschieden, die sich dämlich gegenüber stehen.

Fans machen sich Gedanken, was es mit den jeweiligen Symbolen auf sich hat. Das sollte dem einen oder anderen Vorstand auch gesagt sein. Symbole und Wappen sind schließlich nicht nur Zierde, sondern tragen Bedeutung und Geschichte in sich. Sie sollen Identität stiften und stolz repräsentieren, was der Verein und seine Anhänger ausmacht.

Es gibt tatsächlich Vereine, die dies verstanden haben und auf Originalität setzen. Nehmen wir beispielsweise die AS Roma: Das Wappen zeigt die berühmte kapitolinische Wölfin, die Romulus und Remus säugt.
Tottenham Hotspur hat sich bei der Wahl eines Wappentieres für einen Hahn entschieden, der auf einem Fußball steht. Der Namenspatron des Vereins und die Inspiration für das Wappen ist der englische Adlige Sir Henry Harry Hotspur Percy, der im 14. Jahrhundert lebte. Er war für seine Kampfhähne, welche mit Spurs (engl.: Sporen) bestückt waren, bekannt.
Im Wappen von Olympique Nîmes steht das Krokodil als Erinnerung an die römische Geschichte der Stadt und die Eroberung über Ägypten. Die antike Stadt Nîmes ließ für diesen römischen Sieg sogar Münzen prägen, die das Symbol eines an eine Palme geketteten Krokodils zeigten. Nun lebt die Erinnerung heute beim Verein weiter.
Auch unsere sizilianischen Rivalen aus Catania haben sich für ein originelles Wappentier entschieden. Der Elefant, bekannt als Liotru, geht der Legende nach auf einen lokalen Adligen namens Eliodoro zurück, der im 8. Jahrhundert gelebt haben soll und angeblich schwarze Magie praktizierte. Man sagt, er habe einen Elefanten aus Lavagestein des Vulkans Ätna geschaffen.
Benevento Calcio aus Italien hat zwar kein Wappentier, dafür aber ein anderes originelles Motiv. Eine auf einem Besen sitzende Hexe ziert seit je her das Wappen, das an die folkloristische Geschichte der Region erinnert.

Diese Vereine haben es geschafft, ihre Wappen mit authentischen und bedeutungsvollen Symbolen zu versehen, die ihre Geschichte, Kultur und Identität widerspiegeln.

Kommen wir nun zum eigentlichen Thema dieses Artikels

Das Wappentier des FC Palermo und der Stadt ist seit Anbeginn ein Adler. Dabei ist es auch bei der Neugründung der Rosanero 2019 geblieben, auch wenn das Wappen neu designt wurde.
Der FC Palermo hat sein Wappen übrigens im Laufe seines Bestehens mehrmals geändert. Hier gibt es eine tolle Zusammenfassung mit Wappenbildern auf italienisch.
Das im Jahr 2000 neu gestaltete Wappen gilt es besonders hervorzuheben, da es 2016 den siebten Platz auf der Liste der 20 schönsten Fußballwappen der Welt erreichte, erstellt von der populären britischen Tageszeitung Daily Mail.

Auch als sich der Verein im Juli 2022 als zwölfter Klub dem City-Imperium angeschlossen hatte, so waren die saudischen Investoren sicherlich richtig beraten, den palermitanischen Adler als Wappentier zu belassen. Wie das Römische Reich bei Eroberungen Toleranz in der Ausübung von Religionsfreiheit betrieb, so erkennt man in diesem Kontext einen Zusammenhang mit der Vorgehensweise der arabischen Geldgeber.

In einer Zeit, in der der Fußball zunehmend von finanziellen Interessen und internationalen Investitionen geprägt ist, bleibt die Bewahrung der eigenen Identität ein letztes, zentrales Anliegen. Die Geschichte von Palermo und Sizilien zeigt, wie wichtig es ist, Symbole zu wahren und die lokale Identität zu respektieren, selbst wenn das Geld aus der Ferne kommt. Der Adler von Palermo ist nämlich mehr als nur ein Raubvogel, wenn man den historischen Hintergrund kennt.

Die Wahl des Adlers als Wappentier für Palermo geht zwar auf das antike Römische Reich zurück, doch erst Friedrich II. verfestigte das Band zwischen dem Adler und Palermo. Er war 1198 König von Sizilien mit Sitz in Palermo bzw. ab 1212 sogar Herrscher des gesamten römisch-deutschen Reiches und war bekannt für seine Leidenschaft zur Falknerei. Seine Liebe zu den majestätischen Greifvögeln hat dazu geführt, dass er mit seinem wissenschaftlichen Werk De arte venandi cum avibus (lat.: Über die Kunst des Vogelfangens mit Greifvögeln) einen Meilenstein in der Geschichte der Falknerei und Vogelkunde gesetzt hat. In diesem Werk beschreibt er detailliert die verschiedenen Arten von Greifvögeln, ihre Haltung, Pflege und Jagdtechniken.

Die Stadt Palermo und der Verein haben diese historische Verbindung bewahrt und den Adler als zentrales Element ihres Wappens beibehalten. Dieses Symbol erinnert an die glorreiche Vergangenheit der Stadt und ehrt den einflussreichen Kaiser Friedrich II., selbst wenn sich das Adlerlogo auf dem Trikot derzeit mit einem schändlichen Burger- und Steakhouse-Sponsor teilen muss.